von Hamed Abboud

Foto: (c)Maria Noi
Heimat ist ein Koffer voller Geschichten,
Einige leicht wie Flüstern, andere schwer wie Steine,
die Ich zwischen Grenzen und Städten trage,
Zwischen dem Lachen meiner Großmutter in Syrien
Und dem Schweigen der Winterstraßen in dieser Stadt.
Einige Menschen finden ihre Heimat in der Natur:
Im rotgoldenen düstrigen Grün des Waldes, im offenen Feld,
Während andere auf der Flucht durch dieselbe Natur wandern,
Jeder Baum, jeder Hügel ein flüchtiger Zeuge
Des immer gleichen, immer neuen Suchens.
Einige finden Heimat in der Kirche, in den stummen Mauern,
Die einst Trost spendeten und Geborgenheit versprachen.
Andere wurden dort verletzt, die Wunden noch frisch,
Die Risse der Vergangenheit, die nie ganz heilen.
Für manche ist Heimat der Gruß eines Nachbarn,
Ein einfaches Nicken auf der Straße, das sagt: „Ich sehe dich.“
Ein kurzer Blick, ein kleines Lächeln—
Ein winziger Moment, der für einen Augenblick die Einsamkeit vertreibt.
Was ist Heimat, wenn nicht eine Karte der Seele?
Ist es der Ort, an dem deine Füße zum ersten Mal die Erde berührten,
Oder der Ort, an dem dein Herz das Schlagen lernte?
Ich trage meine Heimaten wie Kleider,
Eines über dem anderen, geschichtet, um warm zu bleiben.
Nach sieben Jahren war alles noch da—
Die Straßen hielten den Atem an,
Warteten darauf, dass meine Schritte ihre Zeilen neu schreiben.
Doch meine Tochter kennt diese Steine nicht,
Sie fragt: „Mama, wo ist Heimat?“
Und ich möchte ihr sagen: „Heimat ist dort, wo die Geschichten leben.“
Ich erinnere mich an die Nächte im Haus meiner Großmutter,
Die Wände schwitzten vor Geschichten von Verlust und Liebe.
Ich erinnere mich an die Morgen hier,
Die frische Luft füllt meine Lungen
Mit einer anderen Art von Dazugehören.
Heimat ist kein Ort auf einer Karte,
Sondern eine Sammlung von Stimmen,
Ein Chor aus vertrauten Gesichtern und fernen Erinnerungen,
Der immer wieder fragt: „Wo gehörst du hin?“
Manchmal, wenn ich durch die Gassen dieser Stadt gehe,
Denke ich: Diese Steine kennen meine Geschichte nicht,
Aber sie haben andere wie sie gehört.
Ich frage mich, ob Wurzeln wachsen können
In den Rissen zwischen zwei Welten.
Ich bin der Himmel selbst
Blau über Damaskus, grau über dieser Stadt,
Ich trage sie beide in mir, und manchmal tragen sie mich.
Der Text ist im Rahmen von „about home“ bei der Tangente St. Pölten 2024- Festival für Gegenwartskultur entstanden und wurde von Hamed live performt beim Wirthaus Salon #1 im Gasthof Graf und bei der Abschluss Gala im Festivalzentrum der Tangente St. Pölten – begleitet von dem Schattentheater der
Qualify of Hope Crew.
Hamed hat in diesem Text seine Eindrücke und verschiedenen Begegnungen an den Spieltischen und vom Schreiben während diesem Jahr verarbeitet.